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Lektion 4: Rindfleisch

Rindfleisch

Herzlich willkommen zur Lektion 4 der Grill Drill Academy, die sich mit dem Rindfleisch einer Zutat widmet, die bei Grillfans heiß begehrt ist. 

Bevor es losgeht, noch ein paar allgemeine Hinweise: Die Grill Drill Academy steht selbstverständlich allen Grillfreunden offen. Man kann die Lektionen nacheinander angehen oder sich genau jene raussuchen, die man gerade benötigt.

 

Woran erkennt man ein gutes Stück Fleisch?

Früher war das Rind ein Arbeitstier, heute liegt der Schwerpunkt auf jenen Rassen, die sich für die Milch- und Fleischproduktion besonders gut eignen. Wenn es um hochwertiges Fleisch geht, sind Rinderrassen gefragt, deren Fleisch einen hohen Anteil an intramuskulärem Fett besitzen. In Kennerkreisen spricht man hierbei von der Marmorierung eines Stücks Fleisch.

Am bekanntesten ist sicher das sehr stark marmorierte Fleisch der japanischen Wagyū-Rinder. Aber auch Rassen wie Black Angus, Hereford, Limousin, Charolais und Simmentaler verfügen über eine hohe Muskelmasse und die besondere Veranlagung, intramuskuläres Fett einzulagern. Dieses Fett verleiht dem Fleisch eine hervorragende Saftigkeit und einen besonders guten Geschmack. Mit „fettig“ oder „sehnig“ hat die weiße Marmorierung des Fleischs dagegen rein gar nichts zu tun. Mehr noch: Das in Deutschland so beliebte magere, einfach nur durchgängig rote Rindfleisch gilt unter Fachleuten als minderwertig.

Und in Zeiten in denen Fleischzuschnitte aus Nordamerika – wie Ribeye, Flap Steak und HangingTender – in Mode kommen, sollten sich Grillfreunde unbedingt auch auf das Qualitätsverständnis von Fleisch einlassen, das jenseits des Atlantiks schon lange existiert.

Nass oder trocken: Auf die Reife kommt es an!

Doch es existieren noch weitere Faktoren, die ein Stück Rindfleisch zu einem wirklich guten Lebensmittel machen. Allen voran der gewählte Reifeprozess. Denn Rindfleisch ist direkt nach der Schlachtung weder zart noch besonders geschmackvoll. Erst fleischeigene Enzyme und Milchsäurebakterien sorgen für die gewünschte Qualität.

Das gängigste Verfahren ist das sogenannte Wet Aging. Hierfür wird das frische, zerteilte Fleisch anschließend vakuumiert – das Fleisch reift unter Luftabschluss. Diese Reife braucht vergleichsweise wenig Zeit und das Fleisch verliert kein Gewicht durch Wasserverlust. Dieses Verfahren lässt aber häufig Fleisch entstehen, das einen etwas säuerlichen und leicht metallischen Geschmack aufweist. Dies gilt insbesondere bei sehr mageren Fleischstücken.

Die Alternative zum nassen Reifen kommt seit einiger Zeit glücklicherweise wieder in Mode: das Dry Aging. Hierbei wird das Fleisch bei genau festgelegten Temperaturen ganz klassisch abgehangen – allerdings über einen sehr langen Zeitraum. So erreicht trocken gereiftes Rindfleisch erst nach ungefähr drei Wochen seine optimale Zartheit und ein intensives Fleischaroma. Dieses Vorgehen hat allerdings im wahrsten Sinne des Wortes seinen Preis: Während der Reife verliert das Fleisch nämlich viel Wasser und damit auch Gewicht. Zudem muss vor der Zubereitung die etwas ausgetrocknete Außenschicht entfernt werden.

So ist Dry Age Rindfleisch zwar teurer als herkömmlich gereiftes Fleisch, jedoch ist auch der Genussfaktor höher. Mittlerweile ist Dry Age Rindfleisch wieder einfacher zu finden, denn viele Metzger haben dieses Verfahren wiederentdeckt und arbeiten mit speziellen Trockenschränken für das Fleisch. Und so mancher Grillfans praktiziert diese Methode dank entsprechenden Equipments sogar zuhause.

Kurzgebratenes Rindfleisch: das perfekte Steak

Poren im Fleisch gibt es nicht. Daher ist auch nicht richtig, dass scharfes Anbraten diese Poren verschließt und dadurch weniger Fleischsaft austritt. Vielmehr sorgt starke Hitze immer dafür, dass das Fleisch schrumpft und somit Flüssigkeit aus dem Fleisch gepresst wird. Das scharfe Anbraten ist dennoch wichtig, denn es sorgt für die gebräunte Kruste mit ihren leckeren Röstaromen.

Um kurzgebratenes Rindfleisch, also beispielsweise ein Roastbeef oder Ribeye-Steak, perfekt zu grillen, gilt es vor allem, zwei Faktoren zu beachten: Die richtige Kerntemperatur des Fleischs und die richtige Ruhephase vor dem Servieren. Die Kerntemperatur bestimmt den Gargrad des Fleischs und entscheidet so maßgeblich über das Gelingen der Zubereitung. Am genauesten lässt sich die Kerntemperatur natürlich mit einem Fleischthermometer messen. Anfängern sei zudem geraten, dass sie das Fleisch nach dem scharfen Anbraten auf dem Grill im vorgeheizten Backofen anschließend „auf Temperatur“ ziehen lassen. Dabei gelten bei den meisten Rindfleisch Steaks folgenden Zieltemperaturen für das Fleischinnere: 45 bis 50 Grad Celsius entsprechen einem „Rare“, 56 bis 58 Grad dem „Medium“ und bei über 65 Grad Celsius spricht man von „Well Done“.

Schneidet man das fertig gegarte Fleisch direkt nach dem Grillen an, kann der Fleischsaft ungehindert austreten. Lässt man das Fleisch dagegen ein paar Minuten ruhen, also abkühlen, dicken die Eiweiße im Fleisch den Saft wieder etwas ein, so dass er weniger schnell austritt. Diese Ruhephase verbringt das Fleisch am besten an auf einem Rost, um Sauerstoff von allen Seiten zirkulieren zu lassen. Dazu eignet sich auch ein auf 50 Grad vorgeheizter Backofen – so bleibt das Fleisch warm, gart aber nicht mehr nach. Achtung: Das Fleisch bitte nie in Alufolie ruhen lassen, da das an der Fleischoberseite verdunstende Wasser die Kruste aufweichen würde.

Longjobs: Brisket & Co.

Wie bereits in unserer Lektion 2 „Grillmethoden“ geschildert, bezeichnet man mit einem „Longjob“ die Zubereitung eines (großen) Stücks Fleisch bei niedriger Temperatur, langer Garzeit und meist unter Einsatz von Rauch. Das wohl populärste Rindfleisch-Gericht dieser Gattung ist das Brisket, eine mit Gewürzen eingeriebene Rinderbrust, die nicht selten mehr als fünf Kilogramm auf die Waage bringt.

Für den „Rub“, also die Gewürzmischung zum Einreiben, empfiehlt sich beispielsweise eine Mixtur aus frisch gemahlenem Pfeffer (3 EL), Zucker (1 EL), Zwiebelpulver (1 EL), Senfpulver (2 TL), Knoblauchpulver (2 TL), Chilipulver (2 TL) und Cayennepfeffer (1 TL).

Wer nicht riskieren möchte, dass das Brisket durch die lange Grilldauer austrocknet, kann noch zusätzlich mit einer Injektion arbeiten (siehe Lektion 2). Hierfür bietet sich Rinderbrühe an. Bei einem guten Stück Rinderbrust mit ausreichend intramuskulärem Fett ist das „Impfen“ aber in der Regel gar nicht notwendig.

Das Brisket wird dann bei lediglich 110 Grad Celsius bis zu 20 Stunden lang gegrillt oder unter Zugabe von Rauch „gesmoked“. Die Zeit ist aber letztlich kein Kriterium, denn es gilt die optimale Kerntemperatur von 95 Grad Celsius zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen vergeht unterschiedlich viel Zeit –abhängig von den Fleischeigenschaften und dem Gewicht.